Die magische „85“

Zählspiel (stroke play) im Allgemeinen und Zählspiel im Mannschaftswettbewerb im Besonderen sind Wettspielformen, die dem Golfer alles abverlangen: gilt es nicht nur den eigenen Score zusammenzuhalten, sondern auch mit einem respektablen Ergebnis zum erfolgreichen Abschneiden der Mannschaft beizutragen. Selbstredend spielt natürlich sowieso jeder so gut er nur kann, aber eine konstante „85“ ist gar nicht so einfach wie sie aussieht !

Um es vorwegzunehmen: wer konstant 85 oder niedriger im Mannschaftswettbewerb „hereinbringt“, der ist im Grunde in nahezu jeder Mannschaft der AK 50 und AK 65 (bis hinauf zur 1. Liga) immer unter den Spielern, dessen Ergebnis zum Gesamtergebnis der Mannschaft zählt !!! 

Die moderne Golfliteratur und die neuen Medien sind um kluge Ratschläge, wie man denn die „magische 85“ konstant auf die Scorekarte bringt, nicht verlegen. Die Vielzahl der 100%igen Tipps und Anweisungen ist nahezu grenzenlos, am Ende sogar verwirrend. Gemeinsam haben aber alle „Ratgeber“ doch einige unabdingbare Voraussetzungen für den Score 85< :

Mehr GIR treffen  

Unbestreitbar: es gibt einen (statistisch eindeutig) nachgewiesenen Zusammenhang zwischen getroffenen Grüns in Regulation (GIR) und Zählspielergebnis. Wer (in der Regel) nicht mindestens 4-5 GIR spielt (Par 3 mit dem 1. Schlag auf dem Grün, Par 4 mit dem 2. Schlag und Par 5 mit dem 3. Schlag), der wird die magische 85 in aller Regel auch nicht erreichen ☹ Da hilft auch der Hinweis auf das exzellente kurze Spiel, das man doch habe, auch nicht (die Statistik lügt nicht !)

Viele von uns werden jetzt sagen: der Hinweis, mehr GIR zu treffen, ist vielleicht richtig, bringt mir aber nichts. Insbesondere wenn wir die Länge unserer Drives ins Verhältnis zur Spielbahnlänge setzen. Das stimmt, wir werden mit zunehmenden Alter „kürzer“, die Bahnen spielen sich länger.

Die gute Nachricht: nicht alle Spielbahnen sind so lang, als dass wir nicht eine Reihe der 18 Bahnen doch als GIR spielen könnten. Nehmen wir als Beispiel den Porsche Course:

Spielbahn 1:   Par 4    327 m        kann, muss man nicht GIR spielen 

Spielbahn 2:   Par 5    435 m                   muss man GIR spielen ( Bsp.:170 + 140 + 125) 

Spielbahn 3:   Par 4    321 m        kann, muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 4:   Par 4    395 m                   muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 5:   Par 3     177 m       kann, muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 6:   Par 4     385 m                  muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 7:   Par 3     145 m                  muss man GIR spielen

Spielbahn 8:   Par 5    445 m                muss man GIR spielen (Bsp.: 175 + 145 + 125)

Spielbahn 9:   Par 3    135 m                muss man GIR spielen

Spielbahn 10: Par 4    330 m     kann, muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 11: Par 5    444 m                muss man GIR spielen (Bsp.. 174 + 145 + 125)

Spielbahn 12: Par 4    304 m                muss man GIR spielen (Bsp.: 174 + 130)

Spielbahn 13: Par 3    140 m                muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 14: Par 4    343 m                muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 15: Par 5    462 m     kann, muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 16: Par 4    340 m                muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 17: Par 3    154 m                muss man nicht GIR spielen

Spielbahn 18: Par 4    408 m                muss man nicht GIR spielen

 

Zusammenfassend:

6 der 18 Löcher sind allein der Länge wegen prädestiniert, sie in GIR zu spielen

5 der 18 Löcher kann, muss man aber nicht unbedingt in GIR spielen (situationsbedingt)

7 der 18 Löcher sollte man (auch der Länge wegen) defensiv angehen

 

Voraussetzung, um GIR zu spielen

Gehen wir davon aus, dass man die kurzen Par 3 in Regulation trifft (2 von 5), dann gilt für die längeren Par 3 sowie für die kurzen Par 4 und Par 5 ein elementarer Grundsatz:

mit dem Abschlag unbedingt das Fairway treffen

(zur Fehlervermeidung gilt das natürlich auch für die Löcher, die man nicht in GIR angeht)

Liegt der Ball nach dem Abschlag auf dem Fairway, erleichtert das in jeder Hinsicht das Weiterspielen:  + die Lage des Balles ist optimal (man kann aus bester Voraussetzung das

                               Risiko des nächsten Schlages abschätzen)

                            + man ist logischerweise nicht im Hindernis, Aus, Wasser, Fairwaybunker

                            + man kann den Ball ohne Behinderung weiterspielen

 

Das Richtige trainieren

Wenn wir schon – dem Alter geschuldet – strategisch die Golfrunde angehen, dann sollten wir konsequent auch strategisch und zielgerichtet trainieren. Natürlich schadet es nicht, einen perfekten Golfschwung zu haben. Es bringt aber überhaupt nichts, nach 15, 20, oftmals mehr als 30 Jahren Golf im fortgeschrittenen Alter darauf zu setzen, im  intensivem Techniktraining die Lösung der zunehmenden Leistungsdefizite zu suchen. Natürlich kann man an kleinen Stellschrauben seines Golfschwungs drehen ( Griff, Balltreffpunkt, Setup), grundlegende Veränderungen sind weder sinnvoll noch zielführend. Jeder von uns hat mit seinem individuellen Golfschwung zu besten Zeiten oft weit bessere und konstantere Ergebnisse gespielt. Die wesentlichen Elemente des Golfschwungs haben sich bei uns nicht verändert, eher schon physiologische Voraussetzungen (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit). Daran kann man ein bisschen was verändern, im Grunde aber können wir mit unserem Schwung trotzdem gute bis sehr gute Ergebnisse spielen, wenn wir unser Training und Spiel anpassen.

Das strategische Herangehen an eine Golfrunde (Bahnen, die ich in GIR spielen muss, kann oder nicht in GIR spielen muss) erfordert zwei unabdingbare Voraussetzungen:

+ Fairway treffen (nicht nur mit dem Driver !)

+ sicherer Distanzschlag aus 110 -130 m (Eisen 7 oder 8 oder 9 muss zum Lieblingsschläger werden)

Diese beiden Voraussetzungen lassen sich auch mit einem technisch nicht vollendeten Golfschwung so trainieren, dass am Ende Konstanz und Sicherheit stehen !!

Deshalb im Training:

+ Abschläge mit verschiedenen Schlägern immer als Korridortraining mit konkretem Ziel

+ 3 Distanzen (110, 120, 130) abwechselnd anspielen (zur Abwechslung auch Engled und Jagl spielen)

+ anfangs 50% Driving Range und 50% Platz, zunehmend mehr Platztraining

 

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Anmerkung: (für alle, die glauben, die Gesetzmäßigkeiten der Trainingslehre zu überlisten)

Um eine neue Bewegung zu automatisieren braucht es im Golf mind. 2000 Wiederholungen in möglichst kurzer Zeit, d.h. 500 Ballkörbe (mit 40 Bällen). Wenn wir nur 2 Ballkörbe täglich auf der Range schlagen (idealerweise unter korrektiver Aufsicht des Pros, ansonsten üben wir ja nur den Fehler 😊), dann brauchen wir bis zur Automation 250 Tage !! Da ist nicht nur das Golfjahr vorbei, wir sind ein Jahr älter und wieder nicht weiter 😊

Fehler, die Dir Deinen score ruinieren  – oder wie hole ich das Optimum aus meinen Möglichkeiten   

(aus dem Englischen by Josh Berhow)

1. Not being prepared - nicht (richtig) vorbereitet zu sein

Für erfahrene Turnierspieler – wie ihr ja alle seid – ist es selbstverständlich, dass man ohne vorherigen Stress gut vorbereitet ans erste Tee geht. Wie das jeder für sich macht, bleibt letztlich individuell.

Die ideale Vorbereitung auf den Turniertag beginnt schon mit einem ausgewogenen Frühstück, ausreichender Flüssigkeitsaufnahme vor dem Wettkampf (nicht erst trinken, wenn das Durstgefühl kommt), Kontrolle der Ausrüstung (welche Schläger, Bälle, Regenkleidung, Schirm, kleines Handtuch, leicht verdauliche Rundenverpflegung, ausreichend – isotonische -Getränke), rechtzeitiger, entspannter Anreise, sytematisches Aufwärmprogramm ( Reihenfolge: Kreislauf in Schwung bringen, golfspezifische Stretchingübungen, Einspielen auf der Range (Grundsätze: mit einigen Halbschwüngen beginnen und dann (nicht mit allen Schlägern !) z.B. jeweils 3 Bälle mit PW, E8, E5, FW, Driver sog. Qualitätsschläge absolvieren (vor jedem Schlag die gleiche Pre-shot Routine wie auf der Runde und jeden Schlag auf ein konkretes Ziel ausführen ! Anschließend einige wenige Chips und Bunkerschläge und dann ab auf´s Puttinggreen. Dort 10 lange Putts (8 m oder mehr) und zum Abschluss 3-4  1-m-Putts.

Zwischen dem letzten Putt auf dem Übungsgrün und dem 1. Abschlag noch mindestens 10 min. Konzentrationszeit einplanen (Augen schließen, erste Spielbahnen abrufen, dabei tief und lang ein- und ausatmen). Anschließend mit Zuversicht (und ausschließlich positivem Denken) rechtzeitig zum 1. Tee gehen (5 min. vorher reicht, sonst steigt die Nervosität und die Spannung sinkt ab).

2. Bad, thoughtless course management – schlechtes, unüberlegtes strategisches Spiel

Die wohl beste Vorbereitung auf einen Golfplatz ist die eingehende Information, bevor man den Platz überhaupt spielt. Das Birdie-Book oder die ausführlichen Spielbahnbeschreibungen im Internet verschaffen einen umfassenden ersten Eindruck von Layout, Schwierigkeiten und Besonderheiten des Platzes. Bevor man also den Platz zur Probe spielt, weiß man im Grunde bereits, welche Strategie man an den jeweiligen Löchern aller Wahrscheinlichkeit nach wählen wird. Eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Umsetzung dieser Strategie ist das genaue Wissen um die Länge, die man mit Eisen und Hölzern hat ! (Wenn man also weiß, mit dem Driver in aller Regel 220 m -incl. Roll zu schlagen -, dann kann man getrost z.B. auf den Fairwaybunker zielen, der 248 m vom Tee entfernt ist). Das Wissen um die eigene Schlaglänge erleichtert nicht nur die Schlägerwahl, sondern beeinflusst elementar die strategische Herangehensweise an die Spielbahn. Wenn ich mit dem Driver konstant 195 m schlage, dann wird es schwierig, das Par 4 mit einer Länge von 378 m mit dem 2. Schlag (=183 m) ohne extremes Risiko zu erreichen. Wenn zudem in Drivelänge ein Fairwaybunker oder Wasserhindernis lauert, dann bleibt es zu überlegen, ob man nicht „mit strategischer Drei-Stopp-Strategie“ an die Spielbahn herangeht: Abschlag 150 m – 2. Schlag 135 m – Schlag auf´s Grün aus 103 m. Da kommt zwar vielfach „nur“ das Bogey raus, aber nicht selten auch das Par.

3. Don`t hit a shot you don`t trust – mach keinen Schlag, dem Du nicht vertraust

Viele von uns kennen die Situation: beim Warmspielen am Turniertag driften die Bälle unerklärlicherweise immer rechts oder links ab. Die klassische Fehlersuche oder der „Quick-Tipp“ des Mannschaftskollegen – alles bringt nichts, die Bälle drehen immer noch ab.

Nicht nervös werden – lebe mit Deinem Fehler (an diesem Tag) und verbringe keine weitere Zeit und keine Gedanken an technische Veränderungen, die Du unbedingt jetzt noch vornehmen solltest. Konzentriere Dich auf Deine Schlagvorbereitung, kalkuliere die zu erwartende Abweichung Deines Balles ein und führe den Schlag mit Zuversicht aus. Den technischen Fehler kannst Du in den darauffolgenden Trainingstagen mit dem Trainer ausmerzen !

Wenn Du Dir bei der Schlägerwahl nicht sicher bist – nimm den längeren Schläger !!

4. Stop going after pins – versuch nicht die Fahne anzugreifen

Selbst Pros machen es nicht: sie greifen häufig die Fahne nicht direkt an ! Spiele sicher Mitte Grün (auf der weniger gefährdeten Seite). Wenn es die Situation zulässt: spiele hinter die Fahne (75% aller Grün-Anspielungen sind zu kurz). Auch beim Schlag aus dem Grünbunker gilt: Ball sicher auf`s Grün.

Bernhard Langer meint: kalkuliertes Risiko eingehen

5. Missing the fairway is the beginning of the bad end – wer das Fairway nicht trifft hat ein Problem

Mike Adams, einer der renommiertesten Golftrainer sagt: „Der Schlüssel zum konstanten Turniergolf liegt im Treffen der Fairways. Wer (alle) Fairways trifft, hat die besten Chancen zum guten Score“. Diese golferische Binsenweisheit wird im Bestreben, den Ball vom Tee möglichst weit zu schlagen, viel zu oft nicht beachtet.

Wer das Fairway trifft, hat keinen Ausball, keinen Wasserball, liegt nicht im Rough und kann den 2. Schlag aus bester Lage spielen !!! (Überdies spart er im Falle verlorener Bälle jede Menge Schläge – beim Zählspiel ein überragender Gewinn !!)

Adams Tipp um mehr Fairways zu treffen:

  • Ball deutlich niedriger aufteen
  • vorderen Fuß leicht öffnen (erleichtert Rotation)
  • leicht näher an den Ball stellen

6. Stop making double bogey or worse – spiele nicht schlechter als Bogey

“Spiele nicht schlechter als Bogey“. Mit diesem Vorsatz ist Colin Montgomerie in seiner ganzen Profilaufbahn erfolgreich gewesen.

Natürlich geht jeder Golfer, der in einer Mannschaft spielt, zunächst davon aus, einen bestimmten Teil der Löcher in Par (oder sogar drunter) spielen zu können. Aber wer bei gesunder Selbsteinschätzung und Abwägung der Risiken ans Werk geht, der wird (auch unserem Alter geschuldet) häufig gar nicht umhin kommen, das schwere Par 4 oder Par 5 defensiv anzugehen.

Mike Bury, Golf Magazin Teacher meint:

  • nicht über das Bogey ärgern – mitnehmen, Minimalziel wurde erreicht ! Betrachte es als Gewinn
  • Doppel-Bogey zu vermeiden ist einfacher als Birdie zu spielen
  • Versuche im klassischen Zählspiel nicht mit dem Risikoschlag das Par zu retten, nimm das Bogey mit

Die allermeisten Golfplätze sind mehr oder minder stereotyp aufgebaut: 4x  Par 3 (davon meist 2 kürzere und 2 längere), 10 x Par 4 ( meist 3-4 moderat kürzere), 4x Par 5 (in aller Regel sind    1-2 in Regulation zu erreichen). Es gibt also (zumindest von der Länge der Spielbahn gesehen) ausreichend Chancen, auch für den Senioren-Golfer, das eine oder andere Grün in Regulationzu erreichen und ein solides Par mit einem 2-Putt zu machen.

Wer also konsequent Fehler vermeidet (Fairways trifft, Strafschläge vermeidet) und an den „einfachen“ Löchern sein Par spielt, der wird die magische 85 (oder besser) konstant spielen !

7. Don`t make it too complicated around the green – je einfacher desto erfolgreicher ums Grün

Ohne Zweifel: mit einem guten kurzen Spiel kann man sich den einen oder anderen Schlag „sparen“. Aber Technik alleine macht es noch nicht aus. Vor dem Chip aufs Grün gilt es genau zu überlegen, wie man technisch-taktisch an die Aufgabe herangeht:

  • wenn sich die Gelegenheit zum Putten anbietet – nimm den Putter. Ein schlechter Putt ist nie so schlecht wie ein getoppter oder fett getroffener Chip !!
  • nimm im Zweifel immer den Schläger mit dem niedrigeren Loft
  • der sichere Chip wird mehr mit der Schlägerspitze gespielt
  • checke, ob der Bounce Deines Wedges, mit dem Du häufig den Chip spielst, auch zu Dir „passt“

8. Hit a bad shot ? Get over and move on - Fehlschlag ? Vergiss es und weiter !

Wir sind alle Amateure und Fehlschläge gehören zu unserem Spiel. Diese Erkenntnis gilt es zu allererst zu akzeptieren. Das hört sich logisch und einfach an, in der konkreten Situation tun wir uns da oft schwer, den verzogenen Abschlag oder verschobenen, kurzen Putt als Teil unseres Spiels zu sehen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben eindeutig nachgewiesen, dass der (schlecht verarbeitete) Ärger über einen Fehlschlag unweigerlich zu weiteren Fehlern führt. Das macht sich nicht nur in Deinem Spiel sondern zwangsläufig auch an Deinem Score negativ bemerkbar. Wie also Fehlschläge verarbeiten ? Da hat sicher jeder so seine eigene Methode, gute Trainer empfehlen:

  • Zähle nach dem Fehlschlag langsam bis 10 (meist ist der Ärger danach verflogen)
  • Atme 5x langsam ein und 5x noch langsamer aus
  • Mach nach dem Fehlschlag (natürlich ohne Ball ) den gleichen Schlag noch einmal
  • Bereite Dich auf Deinen nächsten Schlag intensiv vor – das ist der wichtigste !