Mit guten Vorsätzen ins neue Golfjahr

Jeder von uns kennt das: mit Beginn des neuen Jahres soll alles besser werden. Manche hören zu Jahresbeginn mit dem Rauchen auf, andere verzichten ab sofort auf jegliche Süßigkeiten, fett- und kalorienreiches Essen und was sonst wir uns alles vornehmen, um meist nach kurzer Zeit wieder in die alten Gewohnheiten zurückzufallen. Die größten Erwartungen haben wir erfahrungsgemäß an unser Golfspiel. Natürlich soll das kommende Jahr „unser Golfjahr“ werden, schließlich haben wir in der vergangenen Saison wieder etwas mehr Erfahrung gewonnen und mit dem einen oder anderen Tipp vom Golflehrer, dem Mannschaftskollegen oder aus dem youtube-Video kann es 2023 eigentlich nur einen Weg geben: wir können nur besser werden !!

Aber: war das nicht letztes oder vorletztes Jahr auch schon so ? Sind wir nicht da auch zu Jahresbeginn euphorisch gestartet, haben Eimer um Eimer Bälle auf der Range geschlagen, stundenlang Golf-Youtube-Videos geschaut und auf der Drivingrange mühsam aufwändig nach dem Prinzip Versuch und Irrtum am perfekten Schwung gefeilt ? Und wenn wir mal ganz ehrlich zu uns sind: war es wirklich  d a s  Golfjahr, das wir zu Jahresbeginn optimistisch ausgerufen haben ? Bei der Ursachensuche fallen uns allerlei Umstände ein, die eine Leistungsexplosion irgendwie verhindert haben: ständig schlechtes Wetter, Hexenschuss zur Unzeit, doofe Flightpartner oder schlichtweg Pech. Wenn alles gepasst hätte, dann …….

Einen Faktor wollen wir uns ungern eingestehen: die Biologie ! Wir sind alle jenseits der 65, viele von uns schon in den Siebzigern. Natürlich sind wir alle fit wie ein Turnschuh, aber eben nur wie ein 65-jähriger. Und der ist nunmal nicht mehr so beweglich wie ein 25-Jähriger, ist deutlich weniger ausdauernd und schleppt vielleicht auch ein paar Kilo zu viel mit sich herum. Aber bevor wir jetzt in Depression verfallen, unsere Schläger desillusioniert zum Sperrmüll geben, sollten wir uns fragen, ob es nicht auch in unserem Alter einfache, effektive Möglichkeiten gibt, den Leistungsstand auf gewünschtem Niveau stabil zu halten und den natürlichen Abbauprozess zu verlangsamen bzw. zu verzögern. In dieser Frage gibt es zwei Antworten: eine schlechte und eine gute !

Zuerst die schlechte:  wenn wir das kommende Golfjahr angehen wie die letzten Golfjahre, werden wir zum Ende der Saison mehrheitlich feststellen, dass wir den Wettstreit gegen die Biologie in aller Regel verloren haben !

Und jetzt die gute Antwort: wir müssen gar nicht so viel verändern, sondern das, was wir tun nur überlegter, konsequenter tun ! Wie das geschehen kann, will ich im nächsten Abschnitt aufzeigen.

Als Mannschaftsspieler sind wir naturgemäß ehrgeizig und bestrebt, im Mannschafts- und Eigeninteresse möglichst gute Leistungen zu erbringen. Folglich ist unser Aufwand, den wir betreiben, um in bester Verfassung zu sein nicht ganz unerheblich. Und genau diesen Aufwand gilt es hinsichtlich der Effizienz zu untersuchen. Dabei sollte man sich zunächst überlegen, w a n n  welcher Aufwand betrieben werden soll. Es bringt absolut nichts – und ist obendrein sogar kontraproduktiv – wenn man mitten in der Saison an den Grundlagen seines Schwungs „herumdoktert“. Mit diesen Grundlagen hat jeder von uns schon jahrzehntelang Golf gespielt, das verändert man nicht durch einen „Quick-Tipp“ ! Wer ein vorübergehendes Schwungproblem hat, der sollte zum Pro gehen. Der fachkundige Blick von außen ist zielführender als das eigenständig fortwährende Üben eines falschen Bewegungsablaufes. Im Übrigen ist die Suche nach dem perfekten Schwung in unserem Alter ein Aufwand, den man sich sparen kann: schließlich hat jeder von uns mit „seinem“ Schwung schon (zugegeben vor einiger Zeit) deutlich bessere Ergebnisse statt heute gespielt.

Wann also was trainieren ? Diese Frage lässt sich nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Jahrestrainings- und Wettkampfgestaltung beantworten. Und da ist auch der Unterschied zwischen dem Training, wie wir es bislang strukturiert haben und wie es erfolgversprechend aufgebaut sein sollte.

Dazu kann man das Golfjahr (vereinfacht und nicht sportwissenschaftlich aufbereitet) in drei Abschnitte (Perioden) untergliedern.
Man spricht deshalb von der P e r i o d i s i e r u n g.

  • Übergangsperiode ( 01.Oktober bis 31. Dezember) – 30% Platz/70% Technik
  • Vorbereitungsperiode (01. Januar bis 31. März) – 50% Platz/50% Technik
  • Wettkampfperiode (01. April bis 30. September) – 70% Platz/30% Technik

In der Ü b e r g a n g s p e r i o d e   sollte man nach einer langen Saison eine kurze Pause einlegen, die Schläger auch mal 14 Tage in die Ecke stellen, oder einfach entspannt und ohne Druck Golf spielen. Nebenbei kann man die Analyseergebnisse aus der Wettkampfperiode (Rundenanalysen) zusammenfassen und auswerten. Die über die ganze Wettkampfphase konsequent erhobenen Daten des eigenen Spiels geben in der Fülle der Daten eine absolut fundierte Arbeitsgrundlage in allen Bereichen des Golfspiels. Jetzt weiß man „schwarz-auf-weiß“, was in der vergangenen Saison gut war und was unbedingt verbessert werden muss. Zu glauben, „das weiß ich doch eh, was konkret an meinem Spiel fehlt“ ist etwa genauso falsch wie das Wiederholen des Mythos, es hätte zu unserer Kindheit jedes Jahr weiße Weihnachten gegeben.

Nach einer angemessenen Regenerationszeit sollte man dann – unter Einbeziehung der Analysedaten und eines Trainingsplans  – das intensive Techniktraining (am Besten mit dem Pro) angehen.

Anmerkung: diese Phase (und die dafür notwendigen Grundlagen) haben wir leider für die Saison 2023 „verpennt“, aber diejenigen, denen ich 2022 schon dazu geraten habe, möglichst viele Rundenanalysen zu erstellen, können in der nächsten Periode z.T. darauf aufbauen.

 

Der Zeitaufwand in der V o r b e r e i t u n g s p e r i o d e  sollte etwa ausgeglichen sein. In dieser Phase gilt es die aus der Analyse erarbeiteten Grundlagen zu evaluieren (ständig zu verbessern und weiter zu entwickeln und zu festigen). Weitere Trainingsschwerpunkte sind jetzt das situative Training (komplexe, praxisnahe Aufgaben) und die Erstellung eines individuellen Turnierkalenders nach der A,B,C- Methode (A-Turniere: Dienstag Quali-runde, Gästeturnier, Clubturniere – B-Turniere: Bay. und Deutsche Mannschaftsmeisterschaft, ev. Final-/Aufstiegsspiele – C- Turniere: Nat./Intern. Einzelturniere, Clubmeisterschaft). Durchführung eines Schlaglängentests (gelegentliche Überprüfung)

Die zeitlich umfangreichste und naturgemäß wichtigste Periode für den Mannschaftsspieler ist die W e t t k a m p f p e r i o d e. In dieser Zeit findet fast kein Techniktraining mehr statt (nur bei extremen Problemen). Im Hauptfocus des Übens liegen die drei Schläger: Driver (oder Holz 3), Wedge und Putter. Das Course Management rückt mehr und mehr in den Vordergrund (insbesondere wenn auswärtige Turniere anstehen). Der Trainingsschwerpunkt liegt auf  dem Platz (Simulieren von Drucksituationen). Wenn auf der Range oder sonstigen Übungsanlagen trainiert wird, dann entweder sog. Drills (z.B. 10 Putts aus 1 m – Quote mind. 9/10) oder „Qualität vor Quantität“ ( vor jedem Schlag Pre-shot Routine wie bei Turnier, immer auf ein Ziel, ständig Ziele wechseln, max. 3-4 Bälle pro Schläger, Sequenzen spielen: Driver-Holz 5-Eisen 7- PW).

 

Begleitend zum periodisierten Training auf der Range und dem Platz darf (auch und wegen unseres Alters 😊) die Fitness-Komponente nicht übersehen werden. Gerade zum Ende der Übergangsphase und in der Vorbereitungsphase ist Zeit und beste Gelegenheit, an den körperlichen Voraussetzungen des Golfspiels zu arbeiten. Neben einer stabilen Grundausdauer (das Fehlen derselben erklärt oft den Leistungsabfall auf den Löchern 14-18) sind Beweglichkeit, Kraft und Kraftausdauer wichtige Leistungskomponenten. (im Internet gibt es unter dem Stichwort: Fitnessübungen für Golfer etc. genügend Anregungen) Wichtig dabei ist nicht die Trainingsintensität sondern die Trainingskontinuität. Mehrmals wöchentlich eine der o.g. Fitnesskomponenten reicht, wichtig ist nur: regelmäßig !!!

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